Mitten unter Putinisten: Krone Schmalz in Braunschweig

Sie kam als eine Botin des Friedens.
In ihren Worten verstecken sich allerdings auffällig viele Rechtfertigungen und vermeintliche Belege, warum Russland so handeln musste. Gestern trat die ehemalige Journalistin Gabriele Krone Schmalz in Braunschweig in der St. Pauli Kirche auf. Veranstalter war das Braunschweiger Friedenszentrum zusammen mit dem Braunschweig-Spiegel, der Titel: „Russland, wie weiter“. Russland konnte ihren Worten nach (Vortrag Reutlingen 10/22) nicht anders als sein Nachbarland zu überfallen, denn es befinde sich in der „stategischen Defensive“.
Noch im Oktober 2022 hatte sie den Krieg mit einem Zitat Montesquieus „unvermeidlich“ genannt, in dem Vortrag an der VHS in Reutlingen (Minute 20). Sie erinnert sie sich im Folgenden an „die friedliche Zeit“, an Gorbatschow. Genau der ist in Russland verhasst, weil unter ihm „das Reich“ zerfiel. Das ist für Besucher und Teilnehmer des Abends egal, sie hören ohnehin nur, was sie hören wollen. Mit dem Märchen der Bedrohung durch „den Westen“ hat sie tatsächlich die große neogotische Kirche im östlichen Ringgebiet mit Teilnehmern auch aus dem Umland gefüllt.
Der Termin des Vortrags, der 20.04., ist zugleich Ehrentag eines anderen großen Diktators. Es mag Zufall sein, in der Gesamtschau fügt es sich zusammen.
Fakten interessieren kaum, es sind gefühlte Wahrheiten. So wird den Ukrainern, die mit Plakaten den Eingang der St.Pauli Kirche säumen, ein Vogel gezeigt. Die Ukrainer seien leider schlecht informiert. Wir haben am Rande der Veranstaltung ein kleines Zeichen gesetzt, dass die Halbwahrheiten von Frau Krone Schmalz nicht unwidersprochen bleiben. Unter den Gästen des Vortrags in der Kirche sind auch viele Altlinke ohne rechte Gesinnung. Sie fordern vor allen Dingen den Stopp von Waffenlieferungen.
Auch mit Blick auf die Altlinken erinnerten wir an Samuel Zygelbojm. Der Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 ist genau 80 Jahre her. Er war für die verzweifelten Juden ein seltener Moment der Genugtuung. Nach der Niederschlagung im Mai 1943 sah der jüdisch-polnische Politiker Zygelbojm im sicheren Londoner Exil keinen Weg mehr und nahm sich das Leben. Ukrainer eint heute die Hoffnung, dass 100 Jahre Bedrohung und Unterdrückung durch Moskau enden.

Über die Inhalte ihres Vortrags wird der Veranstalter Braunschweig-Spiegel berichten. Wir warten derweil noch auf das künftige Buch der Referentin mit dem Titel „Ich habe mich geirrt“.

 


Gabriele Krone Schmalz füllt Kirchen mit Querdenkern und Altlinken

 

 

Hintergrund: Warum ist Krone-Schmalz so gefährlich?

Es bleibt grundlegend für unsere Demokratie, dass Frau Krone-Schmalz sagen darf, was sie sagt. Sie achtet darauf, nicht in die Nähe von §130 StGB Volksverhetzung zu gelangen. Sie gibt die Rechtsverfolgung von Vorwürfen wie „Nähe zu Putin“ und „Verhöhnung von Putin-Opfern“ auf. Keineswegs ist jeder Satz falsch, den sie sagt. Sie trägt auch Thesen vor, denen man durchaus zustimmen kann und eine idealen Welt widerspiegeln. Etliche davon kollidieren allerdings mit der Realität.

Konkret muss ihr in vielen einzelnen Punkten widersprochen werden.

Was ihre „Lösungen“ eint:

  • Es sind scheinbar einfache Antworten, die wir gern hören.
  • Es kling so gut nach Verständigung, Miteinander, Diplomatie. Die Voraussetzungen dessen werden verschwiegen.
  • Es gelingt Krone Schmalz, überzeugend aufzutreten, bedacht und mit pseudo-intellektuell abwägendem Impetus.

Ihre Grundidee lautet: „Der Westen“ will Russland, das größte Land der Erde, unermesslich reich an Bodenschätzen und Kapital, bedrohen.

Stilmittel:

Das Grundhaltung basiert auf Relativierungen.

  • Der Krieg ist nicht gut, ABER. Die Angriffe auf die Zivilbevölkerung sind nicht gut, ABER.

Weitere Stilmittel der Geschichtsfälschung sind:

  • Auslassen + selektives Hervorheben
  • Verdrehen, Umdeuten, „möchte eine Frage stellen ohne sie beantworten zu müssen“
  • Vermischung von Russland und Sowjetunion
  • Vorwurf der Doppelmoral -mit zweierlei Maß messen- oft mit zusammenhanglosen oder nicht planbaren Ereignissen
  • Pauschalisierung „der Westen“- als wäre das ein monolitischer Block aus einer Partei, einem Land, einem Führer
  • Ablenkung -whataboutism, Haben nicht auch die Amerikaner …?
  • unmissverständliche Schuldumkehr

Sie gründet 2001 mit Gerhard Schröder den Petersburger Dialog – eine Lobbyveranstaltung ohne Zivilgesellschaft. Sie macht sich in den Folgejahren bekannt durch Schlagzeilen wie «Russland verdient Respekt», «Putin erfüllt eine stabilisierende Funktion» oder «Warum wir Russland Unrecht tun» und wird stetig zu einer notorischen Verteidigerin der Positionen Putins.

Den Höhepunkt ihrer Ideen erreicht sie 2015 mit ihrem Buch „Russland Verstehen“ , das der Verlag nach dem Überfall 2022 aus dem Programm nimmt:
Die Krim ist ureigenes russisches Land. Was Putin getan hat, ist keine Landnahme, sondern Notwehr unter Zeitdruck.“ Sie sieht in der Annektion 2014 keinen Völkerrechtsbruch.

Falsch: Die Krim war ursprünglich mehrheitlich von Krimtataren muslimischen Glaubens bevölkert. Diese wurden nach dem 2. Weltkrieg unterdrückt und verschleppt. In der Folge ist die Krim sowjetisch geprägt worden.

Einige Lügen aus dem Vortrag in Reutlingen:

Ukraine ohne Existenzrecht

Krone Schmalz will der Ukraine nicht explizit das Existenzrecht absprechen, aber tut genau das indem sie immer wieder in Zweifel zieht, dass der Staat Ukraine ein Existenzrecht hat,
-weil der Staat Ukaine nur 30 Jahre alt ist (Minute 34:26)
-weil er aus verschiedenen Gruppen besteht (Minute 34:44)
-weil die Dezentralisierung nicht gelungen ist und einige auf der Krim lebende Menschen nach Russland wollen (Minute 35:40)
-weil die Ukraine den Minsker Diktatfrieden gebrochen hat (
Minute 12:20).

Irreführungen

Den Begriff Eskalationsspirale verwendet Krone Schmalz vielfach, wie bei Minute 26:00 –
WIDERLEGT. Die Eskalation war völlig einseitig. Nach 2014 wurden keine westlichen Truppen in der Ukraine stationiert oder die Krim befreit. Auch eine Garantie „Ukraine unter Natoschutz“ wurde bisher nicht beschlossen.


Täter-Opfer-Umkehr

Die EU hat ausgerechnet diesen Ländern (Osteuropa, Polen, Baltikum) das Sagen in der Außenpolitik gegenüber Russland überlassen.“  37:34

WIDERLEGT: Erst nach dem Angriffskrieg wurden die Warnungen wie die der Polen ernst genommen. Lange vorherrschend war das Narrativ der Friedensdividende, wonach. Wenn das so wäre, hätten wir allerdings keine Nordstreams und keine Lücken in der Bundeswehr. Wir hätten europaweit eine Verteidigung, die so stark ist, um nicht einmal die Idee eines Angriffskriegs entstehen zu lassen.

Die die uns immer gewarnt haben, sind nun Schuld. Eine Parallele zum Klimaschutz.

Diplomatie

Krone Schmalz spricht oft salbungsvoll von fehlender Diplomatie, so als würde Diplomatie die strahlende Lösung sein, die vom Himmel fällt, wenn man nur möchte. Vielmehr ist Diplomatie dann möglich, wenn eine von zwei Seiten keinen Sinn mehr in der militärischen Aktionen sieht. Diplomatie hat Voraussetzungen in realer, militärischer oder wirtschaftlicher Macht.

Natoerweiterung

Sie bezeichnet die Natoerweiterung als den Konflikt begründenden „Fehler“, als handele es sich um eine rein punktuelle Einzel-Entscheidung. Sie unterschlägt, dass die Erweiterung ein über 10 Jahre dauernder Prozess war, in dem auch die innere Entwicklung in Russland mitgespielt hat. Dass die USA 1990 bedauerlicherweise kein Interesse an der demokratische Entwicklung Russlands hatten, wird von Krone Schmalz überhaupt nicht erwähnt. Ungewiß bleibt zugleich, ob das den Weg in Diktatur verhindern hätte können. Krone Schmalz stellt Geschichte als einseitige Kausalkette dar, weil 1999 das passiert ist, geschieht heute dies.

Was fehlt: Zivilgesellschaft in Russland.

Bei Krone-Schmalz wird systematisch die unterdrückte Rolle der Zivilgesellschaft in Russland völlig übergangen. Dabei sind hier und im Machtsystem Kriegsgründe zu suchen. Und hier liegen auch Wege zum Frieden. Eine mittelständische Wirtschaft mit starken Gewerkschaften, unabhängiger Presse gibt es in Russland nicht. Davon ist aber bei ihr nie die Rede. Was das diktatorische System heute eint, ist die Angst vor der Demokratie.

Um den russischen Angriff zu legitimieren, muss man komplett ausblenden, dass es sich bei Russland heute um eine zutiefst militaristische Gemeinschaft handelt, in welcher physische Gewalt den absoluten Vorrang hat. Die Gemeinschaft basiert auf dem Komplott nach innen, dass alle Kriegsverbrechen niemals stattgefunden haben, in der aber zugleich nach außen Gewalt als das überragende Mittel verdeutlicht wird, die eigenen Ziele zu erreichen: „Schaut her, tut was wir wollen, oder wir bringen Euch alle um.“

Russland gleicht heute einer Firma, welche stetige Gewinne an Macht und Einfluss benötigt, um nicht Konkurs zu gehen.

Teilen | Поділитися